Altersgrenzen bei Adoptionsbewerbern, insbesondere Bewerbern, die ein rumänisches Kind adoptieren wollen
Adoption; Altersgrenzen bei Adoptionsbewerbern, insbesondere Bewerbern, die ein rumänisches Kind adoptieren wollen
Das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit wurde in der letzten Zeit vermehrt mit Schreiben von adoptionswilligen Ehepaaren befaßt, die aufgrund ihres Alters (ca. Mitte 40), von Adoptionsvermittlungsstellen als nicht oder nur bedingt geeignet für die Adoption eines Kleinkindes angesehen wurden.
Das Sozialministerium sieht sich deshalb zu folgenden Hinweisen veranlaßt:
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt nur eine untere Altersgrenze, die Adoptionsbewerber erreicht haben müssen, um für eine Adoption in Betracht zu kommen., Nach § 1743 Abs.1 BGB muß bei der Annahme durch ein Ehepaar ein Ehegatte das fünfundzwanzigste, der andere Ehegatte das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben. Wer ein Kind allein annehmen will, muß das fünfundzwanzigste, wer sein nichteheliches Kind oder ein Kind seines Ehegatten annehmen will, muß das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben (§ 1743 Abs.2 und 3 BGB).
Eine obere Altersgrenze für Adoptionsbewerber ist im geltenden Recht dagegen nicht festgelegt. Nach hiesiger Auffassung wären starre obere Altersgrenzen auch wenig geeignet, den Erfolg einer Vermittlung sicherzustellen.
Grundlegende Voraussetzung für eine Adoption ist vielmehr die von der Adoptionsvermittlungsstelle und letztendlich vom zuständigen Gericht zu treffende Prognose, daß sich zwischen dem zu adoptierenden Kind und den Adoptivbewerbern ein Eltern-Kind-Verhältnis entwickeln wird (vgl. § 1743 Abs.1 BGB). Das bedeutet, daß der Altersabstand zwischen dem Adoptivkind und seinen künftigen Adoptiveltern nicht so groß sein darf, daß eher von einem "Großeltern-Enkel-Kind-Verhältnis" gesprochen werden muß. Die Adoptivfamilie sollte vielmehr auch im Hinblick auf den Altersabstand zwischen den Generationen dem Bild einer "normalen" Familie mit leiblichen Eltern entsprechen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAGLJÄ) hat in ihren "Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung" (5., neu bearbeitete Auflage 2006) zum Alter von Adoptionsbewerbern unter Ziff. 6.4.2.2 folgendes ausgeführt:" § 1743 BGB enthält das Mindestalter für eine Adoption. Eine obere Altersgrenze ist dagegen gesetzlich nicht festgelegt. Starre Altersgrenzen sind nur bedingt geeignet, den Erfolg einer Vermittlung sicherzustellen. Das Alter ist aber ein Indikator, der auf andere Merkmale (z.B. Gesundheit, Lebenserfahrung, Belastbarkeit, Flexibilität) verweist. Zu bedenken ist, dass das heranwachsende Kind belastbare Eltern benötigt. Insbesondere in der Phase der Pubertät und der beginnenden Auseinandersetzung mit der eigenen Identität können Eltern im fortgeschrittenen Lebensalter leichter an die Grenzen hinsichtlich ihrer Belastbarkeit gelangen. Dem Wohl des Kindes wird es daher in der Regel nicht dienen, wenn der Altersabstand größer als 40 Jahre ist. Oberhalb dieser Grenze wird eine Vermittlung daher nur in begründeten Ausnahmefällen in Betracht kommen." Die hier gewählte Formulierung ("Dem Wohl des Kindes wird es daher in der Regel nicht dienen ...") weist bereits darauf hin, daß der genannte Altersabstand von 40 Jahren nicht starr und formalisiert zu betrachten und anzuwenden ist, sondern daß in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob das Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen Adoptionsbewerbern und Adoptivkind zu erwarten ist und die konkrete Adoption dem Wohl des Kindes dient.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß sich heute auch die Struktur vieler "Normalfamilien" mit leiblichen Kindern geändert hat. Viele Mütter bekommen ihre Kinder heute erst, nachdem sie sich über Jahre hinweg im Berufsleben bewährt haben. Mütter, die ihr erstes Kind erst nach der Vollendung des 40. Lebensjahres zur Welt bringen, sind heute keine Seltenheit mehr. Auch ist nicht zu übersehen, daß sich die statistische Lebenserwartung beständig nach oben entwickelt und die Menschen auch in fortgeschrittenem Lebensalter meist noch rüstig sind, so daß in der Regel zu erwarten ist, daß auch ältere Adoptivbewerber, die einen Säugling oder ein Kleinkind adoptieren, dem Kind solange mit Rat und Tat zur Seite stehen können, bis es in ein selbstbestimmtes Leben eintritt.
Adoptivbewerber sollten im Hinblick auf das Lebensalter grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden als Ehepaare mit leiblichen Kindern, die im Rahmen ihrer Lebensplanung und der medizinischen Gegebenheiten selbst bestimmen, in welchem Alter sie Kinder bekommen. Starr und schematisch angewendete Altersgrenzen könnten dem entgegenstehen.
Frau Staatsministerin Barbara Stamm bittet deshalb die Adoptionsvermittlungsstellen, in jedem Einzelfall an Hand der konkreten Umstände und ohne Fixierung auf schematische Altersgrenzen zu prüfen, ob die Vermittlung eines bestimmten Kindes an bestimmte Adoptivbewerber seinem wohl dient und ob sich voraussichtlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entwickeln wird. Empfehlungen zu Altersgrenzen können eine eigenverantwortliche fachliche Prüfung nicht ersetzen. Angesichts der oben dargestellten Veränderungen in den Lebensverhältnissen und der Situation von "Normalfamilien" kann eine solche Prüfung durchaus zu dem Ergebnis führen, daß auch Adoptivbewerber, die bereits das 40. Lebensjahr überschritten haben, noch für die Annahme eines Kleinkindes in Betracht kommen können.
Diese Erwägungen sollen in erhöhtem Maß bei der Adoption rumänischer Kinder gelten.