Hunderte Babys wurden in Paraguay geraubt, entführt oder buchstäblich aus dem Leib ihrer Mütter herausgerissen und an Paare aus den USA, die um jeden Preis ein Familie gründen wollen, verkauft. Marie Claire geht dem illegalen Babyhandel nach: Die 17 jährige Köchin Luz Miranda aus Asunción in Paraguay war erst im achten Schwangerschaftsmonat, als sie sich sehr unwohl fühlte. Deshalb wurde sie von ihrer Arbeitgeberin in das örtliche Krankenhaus gebracht. Luz dachte, sie würde nur zu einer Routineuntersuchung gebracht werden. In der Klinik gab man ihr eine Spritze nahe der Wirbelsäule -eine Art Narkose, die aber keine Wirkung zeigte. Eine Frau und drei Männer - von denen sie dachte es wären eine Krankenschwester und drei Ärzte - banden sie an einem Tisch fest. Anstatt sie zu untersuchen, schnitt der Doktor ihr den Bauch auf und nahm das Baby heraus. Luz schrie, weinte und wehrt sich. Sie dachte, sie müsste sterben. "Mein Gott, halt endlich den Mund!", schrie der Doktor sie an. Die Krankenschwester sagte "Ich will nichts mehr von Dir hören!", während sie ihr ein Handtuch in den Mund stopfte. Die junge Frau konnte sehen, wie man ihr das Baby aus dem Bauch nahm. "Die Krankenschwester sagte mir: 'Dein Baby ist tot.", erinnert sich Luz. "Aber mein Baby weinte. Ich konnte es sehen und hören." Miranda wurde schnell und unsauber wieder vernäht. Ihr Kaiserschnitt sah aus als ob ihn ein Metzger gemacht hätte. Danach wurde die junge Mutter einfach zurückgelassen, während die Diebe mit ihrem Baby verschwanden. Einen Monat vor dem vorausgesagten Geburtstermin erblickte Luz Mirandas Baby das Licht der Welt, nur um sofort in die Welt des paraguayischen Babyhandels geworfen zu werden. Der Babyhandel Bis 1986 gab es in Paraguay keine einzige Adoption durch amerikanische Paare. Nach offiziellen Angaben der amerikanischen Botschaft gab es 1995 schon 410 solcher Adoptionen. Laut der Immigrationsbehörde der USA hat sich Paraguay sogar zum Hauptlieferanten von Babys für kinderlose amerikanische Paare entwickelt. Die Paare, die nach Paraguay kommen um ganz legal ein Kind zu adoptieren, erfahren wenig über den Missbrauch, wie Handel mit gestohlenen Babys, Einschüchterung der Mütter, Verkauf von Babys, der mit dem Adoptionsprozess einhergeht. "In Paraguay, wie in vielen anderen Ländern Lateinamerikas, gibt es keine Garantie dafür, dass ein Baby freiwillig von seiner Mutter abgegeben wurde und nicht gestohlen oder gekauft ist", sagt Per Engebak, Vorsitzender der Amerikaabteilung der UNICEF-Zentrale in New York City. Daher gibt es auch keine Möglichkeit festzustellen, bei wie vielen der Adoptionen gestohlene Babys benutzt werden. Der Leiter des Untersuchungsgerichts Doktor Rubén Riquelme schätzt die Zahl der adoptierten Babys, die mit Gewalt von ihren leiblichen Eltern getrennt wurden auf 35-40%. Er betont aber auch, dass es sich bei dieser Ziffer nur um eine Schätzung handelt. Andere Kinder hingegen werden nicht geraubt, sondern ihren Müttern durch Tricks entwendet. In diesen Fällen wird mit einer Art Personal gearbeitet. Diese Fremden geben sich als Evangelisten aus, gewinnen das Vertrauen der Mütter und versprechen ihnen alle anfallenden Kosten für die Schwangerschaft zu übernehmen. Nach der Geburt behalten die "Evangelisten" das Baby dann als eine Art Pfand und sagen den oft völlig mittellosen Frauen, dass sie ihre Babys erst wiederbekommen, wenn sie ihre Schulden bezahlt haben. Manchmal versprechen sie den Müttern auch, dass ihre Kinder von reichen Familie großgezogen werden bei denen sie angestellt sind. Das ist eine ganz normale Vorgehensweise in Paraguay. Wenig später erfahren die Mütter dann, dass ihre Kinder illegal und für immer ins Ausland gebracht wurden. Auch der gewollte Verkauf von Babys ist in Paraguay verboten. Trotzdem gibt es immer noch Mütter die ihre Kinder für den Betrag von 400 $ verkaufen oder gegen eine Reihe von Gebrauchsgegenstände, wie Radios, Hemden, Pullover und Schuhe, eintauschen. Luz Mirandas Geschichte kam auch nur deshalb ans Licht der Öffentlichkeit, weil Nachbarn die junge Frau, die im Haus ihrer Arbeitgeberin eingesperrt war, schreien hörten und daraufhin die Richterin Patricia Blasco verständigten. Nach eigenen Angaben, war Luz, während die Richterin an der Tür klingelte von ihrer Arbeitgeberin Nidia Martí de Ojeda mit einer Pistole bedroht worden; begleitet von den Worten "Ich erschieße Dich, wenn Du etwas über das Kind sagst, das ich Dir weggenommen habe." Aber einmal als die Richterin wiederkam, befahl sie Luz ihre Bluse zu öffnen. Beim Anblick der riesigen Narbe und der ausgelaufenen Muttermilch, konnte sie sich dann schon vorstellen was passiert war. In den nächsten Monaten musste sich Luz aufgrund innerer Infektionen, die durch Fahrlässigkeit und fehlende Hygiene bei ihrem Kaiserschnitt hervorgerufen wurden, noch drei weiteren Operationen unterziehen. Nach einiger Zeit bekam Luz Miranda ihre Tochter zurück. Sie war im Haus der Mutter Nidia Martís zusammen mit zwei weiteren Kindern entdeckt worden. Die junge Frau erfuhr auch, dass ihre Vorgesetzte versucht hatte eine Genehmigung zur Öffnung eines Kindergartens zubekommen, mit dessen Hilfe sie dann wahrscheinlich den internationalen Adoptionsmarkt beliefern wollte. Nidia Martí, die zehn Monate für den Babyraub in Untersuchungshaft saß, sagte zu ihrer Verteidigung, dass Luz sie angeblich gebeten hätte ihr bei der Suche nach einer Adoptivfamilie für ihre gerade geborene Tochter behilflich zu sein. Martí ist bis heute nicht verurteilt. Die Klinik in der das Baby geraubt wurde, ist immer noch offen und weder die "Ärzte", noch die "Krankenschwester", noch der Rechtsanwalt, in dessen Auftrag das Baby geraubt wurde, sind bis heute verurteilt oder festgenommen. Ein Netz der Korruption Die Frauen, die wie Luz Miranda ihre Kinder verlieren, sind fast immer arm und ungebildet; während die Personen, die die internationalen Adoptionen durchführen sehr mächtig sind. Konfrontiert mit den Forderungen der Rechtsanwälte und einer eisernen Opposition von Seiten der beteiligten Richter, haben die Mütter nur sehr wenige legal Möglichkeiten ihre Babys wiederzubekommen. Die wenigen, die wie Patricia Blasco auf der Seite der Mütter kämpfen, werden von den Gegner eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, damit sie ihre Absichten fallen lassen. Die spezialisierten Rechtsanwälte und auch einige Richter behaupten, dass es gar nicht möglich sei herauszufinden, ob ein Kind gestohlen ist oder nicht angesichts der Berge von Papieren, deren Richtigkeit man überprüfen müsste. Da die gestohlenen Babys aber mit gefälschten Geburtsurkunden zur Adoption freigegeben werden, kann man davon ausgehen, dass es ein gut organisiertes und höchst korruptes System gibt, in dem Richter, Rechtsanwälte, Ärzte, Notare und falsche leibliche Mütter zusammenarbeiten, um ein legale Adoption vorzutäuschen. Die Rechtsanwälte und Richter, die die Adoption befürworten, behaupten auch, dass sie den Kindern, die ohne ihre Arbeit keine Perspektive hätten, zu einem besseren Leben voller Möglichkeiten verhelfen. Der Richter Víctor Llano, zum Beispiel, meint, dass Adoption besser als Abtreibung ist. Aber in Paraguay einem katholischem und armen Land, in dem Abtreibung sowieso verboten ist, gab es auch bevor man mit dieser Art von Adoption anfing, keine besonders große Anzahl von ungewollten oder ausgesetzten Kindern. "Wir haben im Moment keinen Krieg und auch keine Naturkatastrophe, die die Anzahl unerwünschter Kinder erhöhen würde", sagt Rosa María Ortiz, die den Adoptionsprozess, im Auftrag der paraguayischen und der US-amerikanischen Regierung, untersucht hat. "Die einzige Veränderung die es seit der Öffnung des Marktes gab ist, ein gewaltiger Anstieg der Nachfrage". Dominga Romero dachte nichts schlimmes, als vor zwei Jahren zwei Evangelistinnen an ihrer Haustür erschienen und ihr Arbeit anboten. Deshalb fragte sie auch nicht warum man gerade sie ausgewählt hatte. Dominga empfing sie mit offenen Armen, da sie vom Vater ihrer drei Kinder - das Jüngste gerade sechs Monate alt- keine finanzielle Unterstützung erhielt. Am nächsten Tag kamen die Frauen wieder, um ihr die gute Nachricht zu überbringen: der Pfarrer hatte Arbeit für sie gefunden. Dominga, die sich ihren Lebensunterhalt bis dahin mit Putzen und Wäsche waschen verdient hatte, sollte nur persönlich zum Pfarrer gehen und könne sogar ihren Sohn mitnehmen. Als sie am Pfarrhaus ankamen gingen die Frauen den Pfarrer suchen, während Dominga draußen warten sollte. Sie nahmen Angel mit und kamen nicht zurück. Vierzig Tage lang suchte die Mutter nach ihrem Sohn. Ohne Geld für den Autobus oder für Essen, ging sie jeden Tag den selben Weg: von der Polizei zum Fernsehsender, danach zum örtlichem Gericht und zu den Radiosendern. Nachts lag sie in ihrem Bett und sprach mit ihrem Sohn. "Ich sagte: 'wo auch immer Du bist, bist Du bei mir und selbst wenn sie Dich in ein anderes Land gebracht haben werde ich Dich eines Tages finden.", erinnert sich Dominga Romero. Eines Tages sah sie eine der Evangelistinnen auf der Straße. Als man die Diebin verhaftet hatte, gestand sie, dass sie das Kind im Auftrag eines paraguayischen Rechtsanwalts gestohlen hätte. In einem Kindergarten wurde Angel wenig später gefunden. Auch er hatte schon eine gefälschte Geburtsurkunde bekommen und sollte von einem ausländischem Paar adoptiert werden. Die Adoption wurde schon von der Richterin Sonia Tellechea de Miller bearbeitet. Angel, der jetzt zwei Jahre alt ist, lebt wieder bei seiner Familie. Der Junge hat immer noch Angst vor allem Fremden und versteckt sich hinter einer Mauer des Schweigens. Die Adoptiveltern aus den USA Im Grandhotel von Paraguay, einem der vielen welches Adoptiveltern beherbergt, sind die Lobby und der Swimmingpoolbereich voll von US-amerikanischen Paaren, die glücklich mit ihren neuen Kindern spazieren gehen. Die Eleganz und der Luxus stehen im Gegensatz zu der Anspannung der Gäste. Die Paare erhalten die Babys sobald sie in Asunción ankommen. Die Formalitäten der Adoption können jedoch Monate dauern. Ungeduldig endlich ein Kind mit nach Hause nehmen zu dürfen, finden die Eltern die ausgedehnten gesetzlichen Verfahren zur Legalisierung der Adoption äußerst zermürbend, da sie manchmal nahezu übermenschliche Kräfte erfordern. Viele der Eltern, die nach Asunción kommen, sagen, dass ihr Adoptionsantrag in den Staaten abgelehnt wurde, weil sie zu alt seien oder, dass sie lieber nach Paraguay kommen, weil sie befürchten eine US-amerikanische Mutter könnte diesen Schritt bereuen und ihr Kind zurück fordern. Die Agenturen warnen die zukünftigen Eltern jedoch nie vor übergroßen Erwartungen und eventuellen Unregelmäßigkeiten bei paraguayischen Adoptionen. "Man ist so verletzlich in dieser Zeit", erzählt Jane Anderson, eine Drehbuchautorin aus Hollywood, die im Januar 1995 einen kleinen Jungen, Raphael, der heute 18 Monate ist, adoptierte. In ihrer Agentur, der sie 7000$ Vermittlungsgebühr zahlte, sagte man ihr nichts über die Schwierigkeiten, die sie erwarteten, die Bestechungsgelder, die sie zahlen musste, den Handel mit gestohlenen Babys oder andere Komplikationen. Jane Anderson hebt auch hervor, dass es für die Adoptiveltern eine emotionale Unmöglichkeit ist, sich mit den Unregelmäßigkeiten zu beschäftigen. "Man ist verletzlich und möchte doch nur eine eigene Familie gründen". Daher kommt es auch, dass viele Eltern einfach die Erklärung der Rechtsanwälte hinnehmen, die die Geschichten über Unregelmäßigkeiten als von der Presse zur Verängstigung der Leute erfunden darstellen. "Man möchte einfach nicht sein Glücksgefühl zerstören", sagt die Drehbuchautorin heute. Glücklicherweise, so fügt sie hinzu, hatte sie die Möglichkeit die leibliche Mutter ihres Sohnes kennen zu lernen und sich davon zu überzeugen, dass die Frau ihr Kind wirklich freiwillig zur Adoption freigegeben hat. Aber sie bemerkte auch etwas Merkwürdiges: in dem Protokoll der Organisation über den psychischen Zustand der Mutter, wurde diese als 'unbeständig' dargestellt - eine Charakterisierung, die laut Miss Anderson nicht auf die Frau zutraf, die sie getroffen hatte. Sie nimmt an, dass die Beschreibungen gefälscht werden um die Glaubwürdigkeit der biologischen Mütter zu beschädigen und die Gründe für eine Adoption zu rechtfertigen, falls ein Problem auftauchen sollte. Viele Adoptiveltern verlassen sich auch auf die seit Dezember 1994 von der Amerikanischen Botschaft durchgeführten Befragungen der biologischen Mütter. Diese Maßnahme dient zur Überprüfung (wenigstens in den Augen der Botschaft), da bis dahin von keiner paraguayischen Agentur, Befragungen der Mütter durchgeführt wurden, in denen diese dann ihren Adoptionswunsch noch mal bestätigen konnten. Anstatt die zweifelhaften Adoptionsfälle einzustellen, gibt aber die Botschaft ihr Zustimmung und damit Glaubwürdigkeit selbst für die fragwürdigsten Fälle. In bestimmten Fällen, sagen die Anwälte in der Botschaft auch einfach, dass die biologische Mutter des Kindes nicht auffindbar ist und bis jetzt haben alle diese Kinder ein Visum für die Ausreise mit ihren Adoptionseltern erhalten. In anderen Fällen in denen die angebliche biologische Mutter keine Ähnlichkeit mit dem Kind hat, wird ein DNA-Untersuchung angeordnet, erklärt uns Mark Jacobs, ein Sprecher der Botschaft. Diese Adoptionen werden später aber auch genehmigt, obwohl die verlangten Nachweise nie erbracht wurden. Die Unregelmäßigkeiten in dem System kennend, stellte Paraguay im September 1995 alle internationalen Adoptionen ein. Viele Rechtsanwälte stellten ihre Anträge noch vor Ablauf der Frist. Deshalb hat die Anzahl der Adoptionen auch kaum abgenommen. Im März dieses Jahres hat der vorsitzende Richter des Supreme Court von Paraguay die beiden Richter, die den größten Teil der internationalen Adoptionen genehmigt hatten, abgesetzt. Leider kommen diese Maßnahmen für viele Frauen schon zu spät. Wie Dominga Romero und viele andere, hatte auch Elena Almada das Pech während ihrer Schwangerschaft an eine Evangelistin zu geraten. Die Frau, die an der Tür Marmelade verkaufte wurde eine gute Freundin der zukünftigen Mutter. Die nachfolgende Geschichte kommt einem gleich bekannt vor. Als bei Elena die Wehen einsetzten brachte sie ihre neue Freundin, Celedonia de Ayala, ins Krankenhaus und blieb auch während der Geburt an ihrer Seite. Sie reichte ihr kleine Erfrischungen, die Beruhigungsmittel enthielten. Unter dem Einfluss der Drogen hatte die werdende Mutter keinen Kontrolle mehr über die Dinge, die um sie herum passierten. Celedonia de Ayala gab sich als ihre Schwägerin aus und ein Mann, den Elena erst fünf Tage vorher kennen gelernt hatte, gab an, er sei der Vater des Babys. Die beiden versprachen ihr, dass sie sich um alle Krankenhauskosten und auch um das neugeborene Mädchen, María Liz, kümmern würden. Als sie das Krankenhaus verließen, riefen sie ein Taxi für Elena und versicherten ihr, dass María Liz bei ihnen in guten Händen sei und, dass sie mit ihr sofort nachkommen würden. Das Mädchen kam selbstverständlich niemals zu Hause an. Zuerst kam Celedonia und sagte der jungen Frau, dass María Liz krank sei und sie in drei Tagen erst nach Hause kommen würde. Später sagte sie dann fünf Tage. Elena erzählt, dass man ihr sagte sie müsse einige Blancopapier unterzeichnen, um ihr Baby wiederzukriegen. Als die Papiere dann ausgefüllt waren entdeckte Elena, dass sie das Sorgerecht für ihre Tochter abgegeben hatte. Nachdem der Anwalt Reinaldo Canale, den sie im Krankenhaus als einen Freund von Celedonia kennengelernt hatte, mit ihr zur Amerikanischen Botschaft gefahren war, wo sie noch mehr Papiere unterschreiben musste (angeblich damit sie ihre Tochter wiederbekäme), bemerkte sie, dass ihr Baby für eine Adoption bestimmt war. "Sie werden mir meine Tochter wiedergeben?", hatte sie den Beamten in der Botschaft gefragt. Der erstaunte Beamte zeigte ihr dann aber die Papiere mit denen sie das Sorgerecht für ihre Tochter abgegeben hatte und nannte der verstörten Mutter noch die Telefonnummer und Adresse eines Staatsanwaltes an den sie sich wenden sollte. Aber als Elena am nächsten Morgen den Staatsanwalt aufsuchen wollte, verstellten ihr Canale und eine fremde Frau den Weg. Die Frau streichelte ihr den Kopf und sagte ihr, dass sie doch noch so jung sei und sich lieber vergnügen sollte anstatt ein Kind großzuziehen. Als die völlig verängstigte junge Frau, fragte wer die Fremde sei antwortete die: "Ich bin eine Psychologin." Am 4. Januar 1995 erhob Almada Anklage durch ihren Rechtsanwalt, Napoleón Fernández. Sie trat auch im Fernsehen auf, bat die Entführer ihr ihr Baby zurückzugeben und beschuldigte Canale des Kindsraub. Als Ergebnis erließ das paraguayische Gericht einen Beschluss im Juli 1995, der verbot, das Mädchen, das jetzt India Rose Whitehead Zerbey heißt, ins Ausland zu bringen. Die Adoptiveltern wurden dann, als sie im September mit dem Baby nach Pennsylvania ausreisen wollten auf dem Flughafen verhaftet. Obwohl Canale Elenas Bitte ihr Kind wenigstens einmal sehen zu dürfen zurückgewiesen hatte, traf sie sich mit Mister Zerbey. Sie erinnert sich, dass sie ihn weinend und auf Knien anflehte, ihr ihr Baby wiederzugeben. Ihr fünfjähriger Sohn wurde Zeuge dieser Szene. "Gib mir mein Baby wieder. Nimm sie nicht mit. Wenn Du das tust, werde ich ihr folgen und sie finden", hatte sie ihm gesagt. Aber Elena weiß nicht wie viel von alledem Zerbey verstanden hat, da sie hörte wie Canale zu dem Übersetzer sagte er hätte nicht alles übersetzt was sie gesagt hat. Canale hat ihr seitdem mehrmals damit gedroht sie und ihren Mann ins Gefängnis zu schicken und ihr auch ihr anderes Kind noch wegzunehmen, wenn sie nicht endlich den Versuch ihre Tochter wiederzubekommen aufgeben würde Miss Whitehead, mit der wir in ihrem Haus in Pennsylvania sprachen, sagte uns, dass Elenas Geschichte ganz anders ist als die, die ihr Mann ihr erzählt hat. Sie will uns aber auch nicht erzählen, was sie von ihrem Mann gehört hat und Mister Zerbey möchte sich nicht persönlich zu dem Vorfall äußern. Canale bestritt in einer Zeitung, María Liz gegen den Willen ihrer Mutter weggenommen zu haben. Er sagt, dass Elena mit den Adoptionspapiere einverstanden war und sie dann unterschrieben hat und, dass der Fall auch vom Gericht in Paraguay noch mal untersucht wurde. Außerdem drohte er Elena mit einer Verleumdungsklage. Celedonia de Ayala konnten wir nicht finden um sie zu dem Vorfall zu befragen. Miss Whitehead sagte in einer Zeitung, daß ihr Mann und sie, nachdem sie am Flughafen festgenommen wurden, Paraguay mit dem Auto verlassen haben. Im Moment muss sich das Paar wegen des Verstoß gegen einen Gerichtsbeschluss verantworten und Elena und ihr Ehemann werden sie außerdem wegen des Raubes ihrer Tochter anklagen. Miss Whitehead, die sich darauf beruft von der Klage gegen sie nichts gewusst zu haben, sagte, dass sie sich sicher ist, dass weder sie noch ihr Mann noch ihr Rechtsanwalt gegen irgendein Gesetz verstoßen haben. "Die Bedingungen unter denen die Adoption unserer Tochter durchgeführt wurde, sind von der Amerikanischen Botschaft in Paraguay genau geprüft worden und auch hier in den USA sind wir den gesetzlich vorgeschriebenen Weg gegangen." Der Pressesprecher der Botschaft sagte uns, dass er über den Fall aus Sicherheitsgründen nicht reden könne: "Wir tun unser Bestes, damit alles ehrlich und legal abläuft, aber wir dürfen dabei nicht die Gesetze Paraguays in Frage stellen", obwohl die von der Botschaft durchgeführten Befragungen der biologischen Mütter doch schon das gegebene System anzweifeln. Die Adoptivmutter fügt hinzu, dass Canale ihnen erzählt hat, dass Elena Almada für unfähig erklärt wurde Kinder großzuziehen. "Man erklärte uns, dass wenn sie uns das Kind nicht geben würden, es bis zu seiner Volljährigkeit in ein Kinderheim käme." Miss Whitehead hatte diese Erklärung wohl nicht mal angezweifelt als Elena bei ihrer Begegnung mit Mister Zerbey noch ein Kind dabei hatte. Sie lehnte es ab in dieser Sache noch mehr Fragen zu beantworten, da sie befürchtet ihre Familie damit in eine gefährliche Situation zu bringen. Alles was Elena Almada von ihrer Tochter hat sind ein paar Fotos die María Liz lachend mit ihren Adoptiveltern zeigen. Diese hatte sie bei der Begegnung mit Mister Zerbey gemacht und sie sind die einzige Verbindung mit diesem Teil von ihr, der so weit entfernt aufwächst. Quelle: lateinamerikanische Ausgabe der Marie Claire vom Sep. 1996 | |