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Auslands-Adoption: Wende im Fall „Chara“

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Auslands-Adoption: Wende im Fall „Chara“

19.09.2008 | 18:22 |  MAGDALENA KLEMUN (Die Presse)

Warum eine illegal adoptierte Afrikanerin bleiben will – und ein Anwalt zweifelt.

Wien. „Chara“ will bleiben – und das verblüfft. Jenes äthiopische Mädchen, das 2004 illegal nach Österreich adoptiert wurde und seit 2006 in einem Kinderheim lebt, hat sich vor wenigen Tagen – nach einem Besuch in ihrem Heimatland – doch für einen weiteren Aufenthalt in Österreich ausgesprochen. Damit hat sich der afrikanische Teenager für ein Land entschieden, in das er eigentlich nie kommen wollte. Warum?

Die Vorgeschichte: Ein äthiopischer Vertreter der Wiener Adoptionsagentur Family for you (gegen die Agentur läuft ein Strafverfahren) hatte das Mädchen unter falschem Vorwand von seiner Familie weggebracht und seine Dokumente gefälscht. Als vermeintliches Geschwisterpaar kamen das Mädchen und ihr „Bruder“ zu einer niederösterreichischen Familie – als die damals Neunjährige als Folge des Traumas begann, sich selbst und andere so sehr körperlich zu gefährden, dass sie in eine Betreuungseinrichtung übersiedeln musste, wurde der Fall überprüft. Die Fälschung flog auf, das Kind kam in ein Heim – und blieb. Eine DNA-Probe der Mutter stand aus, die Behörden wollten das Kind nicht ins Ungewisse fliegen lassen. Noch ein weiteres Jahr wartete das Kind, bis 2007 endlich eine Haarprobe die Mutterschaft der in der Geburtsurkunde angeführten Frau belegte – Anfang September reiste die mittlerweile 13-Jährige nach Äthiopien. Heinz Zimper, Neunkirchner Bezirkshauptmann, spricht von „klärenden Prozessen“, die sie dort durchlebt habe. „Ihr neuer Wunsch ist es, in Österreich zur Schule zu gehen. Und was sie möchte, ist für uns der wichtigste Faktor.“ Vorläufig bleibt das Mädchen in einer betreuten Wohngemeinschaft und besucht eine Integrationsschule. Ob die Förderung dort ausreicht, um die 13-Jährige auf Altersniveau zu bringen (sie ist 2004 als Neunjährige in den Kindergarten geschickt worden), bleibt vorerst ungewiss.
Der Wiener Anwalt Eric Agstner, der die niederösterreichischen Ex-Adoptiveltern vertritt, wirft den Behörden Manipulation vor: „Das Kind wollte immer zur Mutter zurück“. Das Mädchen habe erkannt, dass es in Äthiopien „Zukunftschancen“ einbüßen müsste, kontert Heinz Zimper – „außerdem, welches Interesse sollten wir haben, das Mädchen gegen seinen Willen hierzubehalten?“

Dem Wiener Amt für Jugend und Familie (MA 11) wirft Agstner Kontrollversäumnisse vor. „Wir haben Family for You nach jedem Vorwurf geprüft“, wehrt sich der stellvertretende Abteilungsleiter Johannes Köhler. Und: „Langsam werden wir uns Schritte gegen Herrn Agstner überlegen – es reicht“. Adoptionen vermittelt der Verein nach einer Übereinkunft mit der MA 11 nicht mehr. Seine Lizenz verliere er erst, wenn ein Urteil vorliege, so Köhler: „Noch gilt die Unschuldsvermutung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2008)

2008 Sep 19