exposing the dark side of adoption
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Endstation Heim: Äthiopierin sitzt fest

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05.08.2007 | 17:45 |  MAGDALENA KLEMUN (Die Presse)

Illegale Adoption. Eine elfjährige Äthiopierin will zurück nach Afrika. Seit Monaten wartet das Kind in einem Heim – seine Zukunft bleibt weiter ungewiss.

(c) AP

Wien. „Man hat das Kind weggesperrt. Niemand darf zu ihr durch.“ Es sind schwerwiegende Vorwürfe, die die ehemalige Adoptivmutter des äthiopischen Mädchens, das 2004 mit gefälschten Papieren nach Österreich kam, gegen die niederösterreichischen Behörden erhebt. Das Kind wurde von einer österreichischen Familie über die Agentur „Family for you“ adoptiert – deren Ex-Vertreter hatte das Kind in Addis Abeba unter falschem Vorwand von seiner Mutter weggebracht.

Als das Kind massive psychische Probleme aufwies und sich selbst körperlich gefährdete, übergab es die Familie an eine psychologische Beobachtungsstation, später übersiedelte es in ein Heim – dort wartet das Kind seit Monaten auf seine Rückkehr. Die Ex-Adoptivmutter (sie möchte anonym bleiben): „Sie will nichts mehr als nach Afrika zurück. Was passiert jetzt mit dem Kind? Es gibt doch eine angebliche Mutter.“

Doch genau an diesem Punkt scheiden sich derzeit die Ansichten der niederösterreichischen und der äthiopischen Behörden: Während die äthiopische Polizei eine Frau in Addis Abeba nach ihren Aussagen als Mutter identifizierte, will das niederösterreichische Jugendamt die Mutterschaft erst per DNA-Test überprüfen. Einem Treffen des Mädchens mit Vertretern der äthiopischen Regierung, um die Mutter auf einem Foto zu identifizieren, hat man daher nicht zugestimmt, auch ein Vier-Augen-Gespräch des Kindes mit der äthiopischen Botschafterin Kongit Sinegiorgis lehnt man ab.

Derartige Kontakte, so der zuständige Bezirksobmann von Neunkirchen, Heinz Zimper, hätten bereits zuvor zu „schockhaften Reaktionen“ geführt. „Wir wiederholen seit zwei Monaten unsere Bitte um eine Haarprobe der angeblichen Mutter und bekommen keine. Wir brauchen hier in Österreich nun mal einen Nachweis für die Mutterschaft.“ Tatsächlich ist der Antrag der niederösterreichischen Behörde auf eine DNA-Probe mit dem 8. Juni 2007 datiert – er wurde, so Maria Kunz aus der Rechtsabteilung des Außenministeriums, an die österreichische Botschaft in Addis Abeba weitergegeben. Probe kam noch keine.

„Behörden tun nichts“

Der psychische Zustand der Elfjährigen, die seit Monaten in einem SOS-Kinderdorf untergebracht ist, scheint indes unter der Wartezeit zu leiden: In einem psychologischen Bericht im Auftrag des zuständigen Bezirksgerichts, der der „Presse“ vorliegt, wird der Zustand des Mädchens als „subdepressiv“ beschrieben – gleichzeitig bezeichnet die federführende Fachärztin das Kind aber als „aussagefähig“ und fähig, „über Sachverhalte zu berichten“. Unverständnis für die Kontaktsperre kommt auch von Eric Agstner, Vertrauensanwalt der äthiopischen Botschaft und Anwalt der ehemaligen Adoptiveltern des Mädchens: „Ich halte das für einen Schwindel. Die Behörden tun einfach nichts.“ Er wirft den Niederösterreichern sowohl den Verstoß gegen die UN-Konvention über die Rechte des Kindes (siehe unten stehenden Artikel) als auch gegen die Wiener Diplomaten-Konvention vor, nach der der Gaststaat den Missionschef des Sendestaats (die äthiopische Botschafterin) bei seiner Arbeit unterstützen sollte. „Ich gebe zu, die Situation (ohne DNA-Test, Anm.) ist unbefriedigend, aber die Äthiopier haben bis jetzt viel mehr getan.“ Dass weder Heinz Zimper noch einer seiner Mitarbeiter zu dem im Juni anberaumten Treffen mit zwei äthiopischen Regierungsvertretern erschien, ist ein Detail, das Agstner besonders erzürnt. Bezirkshauptmann Zimper dazu: „Weder ich noch meine Mitarbeiter hatten an diesem Termin Zeit.“ Ein anderer Termin sei von den Äthiopiern abgesagt worden.

Im Außenministerium beruft man sich in diesem Fall auf „diplomatische Usancen“: „Es ist nicht üblich, einen niederösterreichischen Bezirkshauptmann einfach nach Wien zu bestellen.“ Warum die äthiopischen Behörden bisher keine DNA-Probe der angeblichen Mutter organisieren konnten, versteht man nicht. „Die Niederösterreicher können doch nicht einfach das Kind in ein Flugzeug setzen“, so Maria Kunz, „aber das Außenministerium hat hier nur eine Vermittlerrolle.“

Außenministerium verärgert

Die äthiopische Botschafterin in Wien war trotz mehrerer Versuche für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Fall sei in Äthiopien sehr brisant, deshalb könne sie dazu momentan nichts sagen, so eine Botschaftsmitarbeiterin am Telefon – von einer DNA-Probe habe sie nichts gehört. Verärgert zeigte sich das äthiopische Außenministerium jedoch bereits im Mai in einem Bericht und wiederholte darin die Aufforderung, „dem Kind zu erlauben, seine Angelegenheiten in seiner Muttersprache auszudrücken“. Gegen den ehemaligen Vertreter der Adoptionsagentur „Family for you“, Deribe Nesibu (er soll für die falschen Papiere des Mädchens verantwortlich sein), läuft inzwischen ein Prozess in Addis Abeba.

IN DATEN. Was geschah

2004 wurde die Elfjährige in Österreich adoptiert, seit Juni 06 lebt das Kind in Betreuungsstätten. Die Behörden warten auf eine DNA-Probe der Mutter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2007)

2007 May 8