exposing the dark side of adoption
Register Log in

Adoption ist legalisierter Kinderhandel

public

Iris Pronk / Trouw

December 22, 2009

Übersetzung aus dem niederländischen Original-ArtikelAdoption sei legalisierter Kinderhandel, sagen Roelie Post und Arun Dohle. Zusammen gründeten sie Against Child Trafficking. Wenn es nach ihnen ginge, dann gäbe es in fünf Jahren keine Auslandsadoptionen mehr. 
 

An der Wand ihres Büros in Brüssel hängt eine große Weltkarte mit grünen, roten und blauen Stecknadeln. Grün sind die „offenen“ Adoptionsländer, rot die Länder, die die Türen geschlossen haben. Blau steht für die Regionen, in denen Roelie Post (49) und Arun Dohle (36) bisher recherchiert haben: Malawi, Äthiopien, China, Peru und Indien.

Ihr Ziel ist eine ’rote Welt’: In fünf Jahren sollen Auslandsadoptionen gestoppt sein. Nach ihnen sei es „legalisierter Kinderhandel, in dem verletzbare Kinder gegen grosse Geldsummen getauscht werden“.

Ihre Beschreibung von Adoption hat Merkmale von John Le Carrés Roman: gestohlene Babies, skrupellose Händler, betrügerische Heimleiter und verfälschte Adoptionsakten. Das sei, wie sie sagen, die Regel.

Um diesen Handel sichtbar zu machen und ihn zu verhindern, haben Post und Dohle zusammen Against Child Trafficking gegründet. In ihrem Büro im Keller von Posts Haus in Brüssel haben die beiden oft lange Tage. Das Telefon klingelt auch noch nachts um 3 Uhr.

Die Rechercheure sammeln Informationen über schlechte oder zweifelhafte Adoptionsfälle, ergänzend auch über das Internet. Ihre Datenbank wächst von Tag zu Tag. Sie sprechen mit Adoptiveltern, Adoptierten, Anwälten und Professoren aus der ganzen Welt. Stossen sie auf gestohlene Kinder oder zweifelhafte Akten, dann informieren sie die betroffenen Adoptionsbüros und Ministerien.

Das macht sie in Adoptionskreisen wenig beliebt.

Bertie Treur von der Stiftung Kind und Zukunft seufzt, wenn sie die Namen Post und Dohle hört. „Wir sind ethischen Adoptionen sehr verpflichtet“, sagt sie, „diese Leute suchen das Schlechte. Ich denke, es ist besorgniserregend, dass sie annehmen, Adoptionsbüros handelten nach dem Zufallsprinzip.“

Im Gegensatz dazu halten Post und Dohle nicht viel von den Agenturen, die an einem System mitarbeiten, das sie als korrupt und krank erfahren haben.

Auch die Aufsichtsbehörden betrachten sie kritisch, da sie unter dem Druck der mächtigen Lobby von Adoptivbewerbern immer wieder nachgeben. Diese seien von ihrem Kinderwunsch geleitet, sagen die beiden, nicht vom Interesse des Kindes.

Gegen diese mächtigen Kräfte führen die zwei einen Guerilla Streit. Post arbeitet an Politik und Kinderrechten, und Dohle ist Felduntersucher. Mit einem Koffer voll Akten besteigt er regelmässig ein Flugzeug, zum Beispiel nach Äthiopien oder Indien, um die Herkunft von Adoptierten zu überprüfen.

Es ist nicht wie die „Spurlos“ - Methode, sagt Post. Diese Fernsehsendung bringt biologische Eltern und Adoptivkinder wieder zusammen, und das war es dann. Wir denken dagegen, dass die Gerechtigkeit auch gewinnen muss ...

Dohle war direkt involviert in einige der aktuellen High Profile Adoptionsfälle. Er hat an der Netwerk Fernsehdokumentation über “ Rahul” mitgearbeitet , dem Jungen, der seinen indischen Eltern im Alter von 18 Monaten gestohlen wurde und nun möglicherweise von einer holländischen Familie adoptiert worden ist.

Dohle hat die leiblichen Eltern mit einem Anwalt zusammengebracht, der nun seit Jahren die holländischen Adoptiveltern um einen DNA-Test bittet, bislang erfolglos.

Auch Madonnas Adoption haben sie in Zusammenarbeit mit einer lokalen Menschenrechtsorganisation zunächst vereitelt. Das Gericht hatte ihr die Adoption von Chifundo Mercy James versagt, weil Madonna nicht in Malawi wohnhaft war, wie vom Malawischen Recht verlangt. Der Richter begründete seine Entscheidung auf Recherchen, die er von Dohle bekommen hatte. In der zweiten Instanz konnte der amerikanische Megastar das Mädchen letztlich bekommen. Post lamentiert: Das ist, wie Adoptionen ablaufen, es geht nur um Geld Geld Geld.  

Dann war da die kürzliche Enthüllung der Adoptionsagentur Wereldkinderen, dass „Waisenkinder“, die von holländischen Eltern adoptiert wurden, äthiopische Eltern haben, die sehr wohl am Leben sind. Die Agentur gründete ihre Schlussfolgerungen auf eine Studie, die ACT durchgeführt hat. Daraufhin hat Wereldkinderen vorläufig alle Adoptionen aus Äthiopien gestoppt.

Dohle und Posts Verantwortung ist groß, ihre Position klar. Auslandsadoptionen seien nicht „ein letztes Mittel“ für Kinder in Not, sondern ein Markt, der unfreiwillig kinderlose Paare bedient. Auslandsadoptionen haben wenig mit „Kinderschutz“ zu tun, sagen sie. Diejenigen, die wirklich helfen wollen, sollten Geld in lokalen Kinderschutz investieren und verarmten Eltern helfen, die Adoptionsfreigabe von Kindern überflüssig zu machen.

Die aktuellen Fälle von Kinderhandel sind keine Einzelfälle, behaupten die beiden. Aber können sie das auch belegen?

Ja, sagen Post und Dohle: sie haben bislang über 100 Adoptionen untersucht und in allen Fällen Unregelmässigkeiten gefunden, von der Entführung bis zu gefälschten Akten, auf deren Basis lokale Richter die Adoptionsentscheidung fällten. „ Es ist schon eine Straftat, das Gericht falsch zu informieren“.

Und manchmal sind die Papiere auch korrekt, und die Mütter wussten einfach nicht, was sie unterschrieben. „Sie verstehen nicht, was es heißt, die Elternrechte aufzugeben. Die denken, sie könnten ihr Kind wieder in die Arme schließen, wenn es 18 ist.“

Aber über 100 Fälle von Missständen  beweisen nicht, dass ungefähr 36.000 Auslandsadoptionen nicht gut gemacht sind. Sie können keine Beweise für Korruption und Kriminalität auf breiter Basis liefern. Post seufzt tief bei dieser Schlussfolgerung. „Wieviel mehr Beweise braucht man? Sie nennt es die verkehrte Welt. Die Adoptionsagenturen sollten Beweise dafür liefern, dass ihre Adoptionen ethisch sind. Aber das können sie nicht und werden es nicht machen. Die Agenturen sind inaktiv. Sie untersuchen überhaupt nicht. Ihre Akten sind oft sehr vage; man würde keinen Gebrauchtwagen aufgrund solcher Auskünfte kaufen“.

Aber belegt eine schlechte Adoptionsakte schon Kinderhandel oder eine unethische Vermittlungspraxis? Post: „Das grösste Problem ist, dass die leiblichen Eltern eine Adoption in Erwägung ziehen, weil sie z. B. kein Geld für das tägliche Essen haben und in der Regel keine Hilfestellung bekommen. Keine Beratung, kein Darlehen, keine andere Lösung als die Adoptionsfreigabe. Adoptionsagenturen unterstützen allerlei Hilfsprojekte, aber diese sind gedacht für andere Familien, nicht für die, die ihr Kind zur Adoption freigeben.

Trübt das negative Bild der Wirklichkeit, von dem Dohle und Post überzeugt sind, nicht ihre Wahrnehmung? „Wenn das nur wahr wäre“ sagt  Post. „Wir sind nicht gegen Adoption, aber gegen Kinderhandel. Unglücklicherweise lässt  sich beides nicht mehr von einander unterscheiden.“

Wer sind die Adoptionsstreiter? 

Roelie Post erwarb ihre Kompetenz über Adoption in Rumänien, wo sie für mehrere Jahre für die Europäische Kommission tätig war. Sie hat überfüllte Heime und agressive ausländische Adoptionsagenturen kennengelernt, die einem legalisierten Kinderhandel nachgingen. Das Angebort wurde geschaffen, um die hohe Nachfrage zu stillen. Post beschreibt in ihrem Buch „Romania for export only” (2007) die nichterzählte Geschichte der rumänischen Waisen und berichtet über ihre Erfahrungen bei der Recherche. 

Zusammen mit rumänischen Behörden und der Europäischen Kommission konnte sie die größten Kinderheime schließen und ein System schaffen, das auf Kinderschutz gründet und rumänischen Kindern Gelegenheit bietet, im eigenen Land versorgt zu werden. Aber eine aktive Lobby macht weiterhin Druck für den Export rumänischer Kinder, was Roelie Post nicht ruhen lässt. 

Diese Lobby machte ihre Arbeit bei der Europäischen Kommission unmöglich, sagt Post. Am Ende wurde sie zu Against Child Trafficking detachiert, einer Organisation, die sie selbst mitbegründete. “Ich habe Kinder gesehen, die von diesem System nach draußen gesaugt wurden, anstatt dass ihnen geholfen wurde.“ sagt sie. „Ich muss mein Wissen über Adoptionen mitteilen, das ist meine soziale Verantwortung. Keiner sonst steht für diese Kinder auf.“ 

Post fand einen Unterstützer: Arun Dohle, ein Inder, der durch deutsche Eltern adoptiert wurde. Dohle sucht seit Jahren nach seinen eigenen Wurzeln in Indien. Er vermutet, dass er ein uneheliches Kind der bekannten Familie Pawar ist. Am Gericht in Bombay klagte er darauf, dass ihm die Identität seiner Mutter mitgeteilt werde. Aber sein Fall wird durch „die Macht der Familie“ bislang verhindert. Seine Suche wurde ein indischer Medien-Hype. “Sohn der Pawar´s will wissen, wer seine Mutter ist” titelten die Zeitungen. 

„Ich entdeckte, dass meine Adoption Shit ist, die Papiere sind nichts anderes als ein Bündel Lügen“, sagt Dohle. Nirgends in den Akten gibt es eine Freigabeerklärung meiner Mutter. „Ich denke, sie haben mich unter Druck von ihr genommen.“ Dohle hat auch ca. 100 Adoptionsakten von anderen Adoptierten untersucht, die alle Unregelmässigkeiten aufwiesen.

www.trouw.nl
2009 Dec 22