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KAMBODSCHA - German adoption

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KAMBODSCHA
Über die Adoption des vierjährigen Theara aus Kambodscha im Janner 2003 erzählt Danielle Huber aus der BRD


Wie kam es, dass Sie Kambodscha als Adoptionsland in Erwägung gezogen haben und warum haben Sie sich letztlich dafür entschieden?

Nach der Adoption unserer Tochter Stephania, hatten wir geplant, noch einen weiteren vierjährigen Buben aus Haiti zu adoptieren. Wir bewarben uns daher im Juni 2002 für einen Sozialbericht in Frankreich (ich bin französische Staatsbürgerin und mit einem Deutschen verheiratet), leben aber in Deutschland. Der französische Prozess dauert etwa neun Monate und endet mit der Entscheidung, ob wir für eine Adoption geeignet sind. Wir begannen den Prozess ohne Eile.

Im August 2002 kam meine Schweizer Freundin mit ihrer kambodschanischen Adoptivtochter zurück nach Europa. Während eines Gespräches in einer Runde von Freunden erzählte sie uns von ihrer Reise und erwähnte auch einen kleinen vierjährigen Jungen, der im Cham Chao Waisenhaus lebt. Eine amerikanische Familie hatte versucht, ihn zu adoptieren, aber nach der US-Adoptionssperre für Kambodscha nichts mehr von sich hören lassen. Die Monate vergingen und unsere Freundin war noch immer in Kontakt mit dem Waisenhausleiter. Auch der Junge lebte noch hier. Er war der älteste von den Kindern, die aus Cham Chao adoptiert werden konnten und hatte nur geringe Chancen, eine Familie zu finden. Wir fanden diese Geschichte sehr traurig, dachten aber nicht weiter darüber nach, sondern arbeiteten weiter an unserem französischen Sozialbericht.

Ein andermal erzählte ich Freunden von unseren Plänen, einen vierjährigen Jungen aus Haiti zu adoptieren. Ich führte aus, dass ein Kind gut in unsere Familie passen würde, das ein Jahr jünger als unsere Tochter Stephania wäre.

Im Waisenhaus von Kandal
Daraufhin fragte jemand spontan, warum wir denn nicht den kleinen Jungen aus Kambodscha adoptieren wollten. Die Saat war gelegt... Etwas später hörten wir, dass auch der zweite Versuch einer alleinstehenden Mutter, Theara zu adoptieren, gescheitert war. Wieder verging etwas Zeit, bis ich mit Jörg sprach und wir beschlossen, uns zu erkundigen, ob wir als Eltern für ihn infrage kämen. Von anderen französischen Adoptiveltern erfuhren wir mehr über den Adoptionsprozess und die durchschnittlichen Kosten in Kambodscha. Ich bekam von vielen Seiten Informationen, welche Papiere nötig wären: die deutsche Botschaft in Phnom Penh, die kambodschanische Botschaft in Deutschland und ein Freund in Kambodscha waren so nett, direkt beim Sozialministerium für uns nach den offiziellen Adoptionsinformationen in englischer Sprache zu fragen. Wir fanden heraus, dass wir die Bedingungen für eine Adoption aus Kambodscha erfüllen und begannen, die notwendigen Papiere zu sammeln.

Zu diesem Zeitpunkt wussten wir abgesehen von Thearas Vornamen und seinem Alter nichts über ihn. Wir hatten kein Foto und ? was noch viel wichtiger ist ? wir wussten nicht, ob er überhaupt noch zur Adoption freigegeben war. Außerdem waren wir nicht sicher, ob das kambodschanische Sozialministerium es unserer Familie ermöglichen würde, dieses spezielle Kind zu adoptieren. Also schrieben wir einen Brief an das Ministerium und erkundigten uns, ob der Junge, von dem wir in Cham Chao gehört hatten noch adoptiert werden kann und wir als Eltern in Frage kämen und erhielten eine offizielle, positive Antwort.

Wie genau läuft eine Adoption aus Kambodscha ab?

Unsere Adoption war sicher keine typische Adoption aus Kambodscha. Im Normalfall machen die Familien ihre Papiere fertig, senden sie dann an das zuständige Ministerium in Kambodscha und warten auf einen Kindervorschlag.

Unsere drei Kinder: Samuel 7 (England), Stephania 6 (Haiti), Theara 5 (Kambodscha)
Wir aber wussten bereits von dem Kind und nachdem Theara schon so alt war und wenig Chancen hatte, noch adoptiert zu werden, wurde von den zuständigen Behörden auf kambodschanischer und auf deutscher Seite alles getan, um die Adoption möglich zu machen.

Nachdem wir also erfahren hatten, dass Theara noch zur Adoption freigegeben war, kontaktierten wir unser Jugendamt in Deutschland mit allen Papieren, die wir bereits gesammelt hatten und dem Brief des Ministeriums in Kambodscha. In der Zwischenzeit erhielten wir ein Foto von Theara, das ein Freund der Familie gemacht hatte, der in Kambodscha lebt und das Waisenhaus besucht hatte. Als die Sozialarbeiterin des Jugendamtes für den Sozialbericht zu uns kam, erklärten wir unsere Situation und der Sozialbericht konnte rasch erstellt werden. Danach schickten wir die Papiere zur deutschen Botschaft in Kambodscha, die sie beglaubigte. Sobald mir bestätigt wurde, dass die Papiere weitergeleitet worden waren, buchten wir unsere Flüge. In Kambodscha angekommen, erfuhren wir, dass unser Antrag zur weiteren Beglaubigung an das kambodschanische Außenministerium gesendet worden und an das Sozialministerium weitergeleitet worden war. Wir gingen zur Adoptionsbehörde und erhielten ein Erlaubnisschreiben, Theara im Cham Chao Waisenhaus zu besuchen.

Als wir im Cam Chao Waisenhaus ankamen, war der Direktor informiert und wartete bereits auf uns. Alle Kinder schliefen, so auch Theara. Der Direktor deutete auf den Jungen und seine "Mae", die Waisenhaus-Mutter, und wir warteten, bis er aufwachte. Das Treffen war sehr entspannt und alle Waisenhaus-Mütter und Kinder waren dabei. Wir wurden von den Müttern sehr herzlich willkommen geheißen, die Theara ermutigten, zu uns zu kommen, während seine Mae diskret den Raum verließ. Da das Treffen im Hauptraum stattfand, war alles sehr öffentlich, was wir eher begrüßten. Uns alleine in einem anderen Zimmer zu treffen, wäre für einen Vierjährigen wahrscheinlich erschreckender gewesen. Die anderen Kinder waren neugierig und wollten spielen, Theara sehr offen und herzlich. Es war ein friedvolles Treffen, bei dem wir Theara nicht mit unserer Liebe erdrücken wollten. Samuel und Stephania bauten sofort im Spiel eine Bindung zu ihm auf. Ich filmte diesen wertvollen Moment. Theara war sehr gut auf unseren Besuch vorbereitet worden und wir blieben für drei Stunden.

Theara wurde auf AIDS, Hepatitis und andere Krankheiten getestet, aber wir baten um Erlaubnis, die Tests zu wiederholen und mussten für die ärztlichen Kosten und Medikamente aufkommen, da Theara außerdem Probleme mit der Haut hatte.

Der Adoptionsbehörde bestätigten wir, dass wir Theara adoptieren wollen und mussten zu diesem Zweck noch einige Papiere zusammen zu stellen. Französische Adoptiveltern hatten uns erklärt, dass das sehr kompliziert sei, mehrere Behörden besucht werden müssen und einige Stunden Wartezeiten nötig sind. Wir baten daher unseren Dolmetscher, das für uns zu erledigen, was er auch in zwei Tagen tat. Parallel dazu mussten wir vom Direktor des Waisenhauses die Geburtsurkunde, Biographie und eine erste schriftliche Zustimmungserklärung einholen. All diese Papieren wurden der Adoptionsbehörde übergeben. Daraufhin mussten fünf Unterschriften eingeholt werden, u.a. die des Sozialministers, was einige Tage in Anspruch nehmen kann. Wir mussten uns auch um Thearas Pass kümmern, Fotos machen lassen etc.

Obwohl all das sehr viel Zeit beanspruchte, konnten wir doch drei mal das Waisenhaus besuchen und brachten jedes Mal Lebensmittel, Medikamente und Spielsachen für die Kinder mit. Wir verbrachten jeweils drei bis vier Stunden dort, malten und unterhielten uns mit den Kindern. Bei diesen Besuchen begleitete uns ein anderer Übersetzer (französisch-khmer) und mit seiner Hilfe konnte ich mich lange mit den anderen "Waisenhausmüttern" und dem Direktor von Cham Chao unterhalten.

Der 21. Januar wurde als Datum für die "offizielle Übergabe" von Theara fixiert. In der Eingangshalle trafen wir einige französische Adoptiveltern mit Babys, die auf den Start ihrer Zeremonie warteten. Wir fragten Sie nach dem Betrag für die übliche Spende und sie empfahlen uns "alles über US $ 100,--".
Unsere ganze Familie, der Direktor des Waisenhauses, der Sekretär der Adoptionsbehörde und die stellvertretende Direktorin der Jugendwohlfahrtsbehörde waren anwesend sowie einige andere Beamte, die an unseren Papieren gearbeitet hatten. Wir alle unterzeichneten in einer offiziellen Zeremonie eine Reihe von Dokumenten.
Auch Theara musste seine Fingerabdrücke abgeben. Dann wurde ein offizielles Foto mit der stellvertretenden Direktorin der Jugendwohlfahrtsbehörde, dem Waisenhausleiter und dem Sekretär der Adoptionsbehörde gemacht. Wir wurden herzlich als neue Eltern von Theara beglückwünscht. Theara war im Ministerium gut bekannt und geschätzt, sodass ein paar Geschichten darüber erzählt wurden, was für ein schelmischer und aktiver Junge er ist. Es wurde uns erzählt, dass er sehr lange (eineinhalb Jahre) auf Eltern gewartet hatte. Wir unterhielten uns dann sehr freundlich und offen mit den Behörden, die äußerst interessiert waren, mehr über unsere Familie und das Leben in Deutschland zu erfahren. Seit diesem Tag lebt Theara bei uns, aber wir besuchten ein paar Tage später nochmals das Waisenhaus, um eine große Party für unseren Sohn zu feiern und uns von seinen Freunden zu verabschieden. Die Waisenhaus-Mutter segnete Theara.

Unser Übersetzer erledigte noch einige Behördenwege, um Thearas Pass möglichst rasch ausgestellt zu bekommen. Wenige Tage vor der Abreise erhielten wir das Visum von der deutschen Botschaft und mussten noch einige Dokumente beglaubigen. Unser Adoptionsprozess lief ruhig ab, weil wir uns vor der Reise schon sehr gut über die in Kambodscha notwendigen Schritte informiert hatten. Hätten wir den gesamten Prozess ohne Übersetzer gemacht, hätten wir vielleicht etwas weniger Geld ausgegeben (da viele Leute bei den Behörden ohnehin französisch sprechen), aber wir hätten dabei wahrscheinlich sehr viel Zeit verloren. Französische Adoptiveltern stecken oft acht Wochen in diesem Prozess und geben letztlich genauso viel Geld aus.

Können Sie etwas über die Kinder erzählen, die aus Kambodscha zur Adoption kommen?

Unser Sohn lebte für eineinhalb Jahre im Cham Chao Waisenhaus. Cham Chao liegt außerhalb von Phnom Penh. Es gibt kein Fließwasser und die sanitären Gegebenheiten sind alles andere als optimal. Trotz dieser schlechten Voraussetzungen sind die Kinder so gut wie möglich aufgehoben und werden geliebt. Im Waisenhaus lebten ungefähr 20 Kinder, vor allem Buben und einige wenige Mädchen. Vielleicht zehn Kinder waren zur Adoption freigegeben, wie ich aus den Erzählungen ihrer Waisenhausmütter schließen konnte. Alle Kinder waren über zwölf Monate alt und lebten schon über vier Monate hier bzw. waren von anderen Waisenhäusern hierher gekommen. Einige Kinder über drei Jahre durften nicht adoptiert werden und auch die Kinder über acht waren nicht mehr zur Adoption freigegeben. Ein Kind war stark behindert. Die älteren Kinder gingen alle zur Schule.

Ich besuchte außerdem drei weitere Waisenhäuser: das Ernährungszentrum, Kein Klaing und Kandal. An den Türen der Häuser befinden sich schwarze Bretter, an denen die Biographien gefundener Kinder angebracht sind, die sich nun in der Obhut des Waisenhauses befinden. Diese Biographien werden in der Hoffnung angebracht, dass jemand sie liest und Anspruch auf das Kind erhebt.

Im Child Welfare Department
Sie zeigen außerdem ein Passfoto des Babys/Kindes. Die Biographien müssen mindestens drei Monate ausgehängt sein, damit ein Kind zur Adoption freigegeben werden kann, aber aus den Daten der Biographien konnte ich ersehen, dass sie schon längere Zeit dort angebracht waren. Als ich eintrat, stellte ich fest, dass einige Kinder nun schon viel älter waren.

In Kambodscha gibt es eine große Diskussion über Kinderhandel, was dazu geführt hat, dass im Moment keine kambodschanischen Kinder in die USA und einige Staaten Europas (darunter Frankreich und die BRD) adoptiert werden können. Die Armut in Kambodscha ist groß und allein in der Hauptstadt leben schätzungsweise 70.000 Prostituierte. Viele von ihnen verhüten nicht und so sind nicht wenige Kinder die Folgen der Prostitution. Darunter haben viele AIDS oder Hepatitis und sterben in staatlichen Waisenhäusern. Dies ist sehr schwer mit anzusehen. Die Mitarbeiter der Waisenhäuser versuchen so gut wie damit umzugehen, was jedoch nicht so einfach ist, da durch den Adoptionsstopp Spendengelder ausbleiben. Viele verlassene Kinder werden gefunden, weil es als große Schande gilt, ein Kind aufzugeben. Deswegen gibt es leider nur sehr selten Informationen über die Eltern. Während weiter über Kinderhandel diskutiert wird und der Adoptionsstopp besteht, sterben viele Kinder, weil die Waisenhäuser sie nicht mehr aufnehmen können.

Zum Zeitpunkt unserer Adoption, erhielten die Waisenhäuser pro Kind eine Pauschale von US $ 4,-- pro Monat, was nicht einmal ausreicht, um die Kinder mit Nahrungsmitteln zu versorgen (der Preis für eine Packung Milchpulver lag damals bei US $ 5,--, was vielleicht für zwei Wochen ausreicht). Die "Mae" (Waisenhausmütter) erhalten US $ 20,-- pro Monat. Sie wohnen in den Waisenhäusern, haben aber oft selbst Kinder draußen, die sie mit den kleinen Zuwendungen der Adoptivwerber zur Schule schicken können. Inzwischen können sie das nicht mehr... Auch einige der älteren Kinder aus dem Waisenhaus können nicht mehr zur Schule gehen, weil es nicht mehr finanziert werden kann.

Wenn Sie an Kambodscha denken, welche Eindrücke hat das Land bei Ihnen hinterlassen?

Unsere Erfahrungen in Kambodscha waren wundervoll ? das Land ist phantastisch. Die Menschen sind sehr freundlich und liebenswürdig. Am Land sind sie völlig unberührt von Materialismus. Sie sehen einem direkt ins Auge und haben immer ein Lächeln und Liebenswürdigkeit zu geben.

Gruppenbild im Waisenhais in Kandal
Obwohl die Armut in Kambodscha nicht ignoriert werden kann, ist nicht sie es, an die ich mich am lebhaftesten erinnere. Nie werde ich meinen Besuch im Waisenhaus von Kandal vergessen, wo 170 Kinder leben. Die meisten von ihnen sind unadoptierbar und älter; alle sind schön und heiter und haben durchwegs eine herzzerreißende Geschichte. Die Direktorin ist eine wunderbare und warmherzige Frau, die von "ihren" Kindern offensichtlich geliebt wird. Als ich mit meinem Übersetzer und etwa 170 Broten zum Verteilen ankam, waren alle Mädchen geschminkt, was mich schockierte. Sie trugen Make up, hübsche aber merkwürdige Kleidung und Blumen im Haar. Ich wurde gebeten, zu warten. Dann wurden Stühle aufgestellt. Ich hörte Musik und sah eine lange Schlange von Kindern auf uns zukommen. Sie trugen traditionelle Tanzkleidung und ... tanzten für mich! Ich werde niemals dieses Lied und niemals die Mädchen vergessen. Ich machte einen Film, den ich nach meiner Rückkehr verkaufte und so etwa US $ 400,-- für das Waisenhaus einnehmen konnte. Kandal ist seit dem Adoptionsstopp in einer sehr prekären finanziellen Situation. Zuvor wurden die kleineren Kinder adoptiert und die Spenden an das Waisenhaus halfen, den älteren Kindern eine Schulausbildung zu ermöglichen. Inzwischen ist das Waisenhaus auf Patenschaften für die Kinder angewiesen und benötigt dringend Hilfe.

Welche Ansprechstellen und Links würdest Du Leuten empfehlen, die sich über Kambodscha und eine Adoption aus Kambodscha schlau machen wollen?

Organisation, die das Waisenhaus in Kandal unterstützt und auch Patenschaften für die Kinder des Waisenhauses organisiert (in französischer Sprache):
http://www.association-marelle.org/
http://www.adoptionsberatung.at/index.php/article/articleview/149/1/107/

2003 Jan 1