exposing the dark side of adoption
Register Log in

Illegaler Handel mit Babys

public

Adoptionsbetrug

Seiten 1 | 2

Illegaler Handel mit Babys


 © Cira Moro
"Wir wollten wirklich nur ein Kind aus einem Waisenhaus adoptieren, dass keine Eltern mehr hat" sagt Frau H. aus Süddeutschland

Derweil wundern sich die Ermittler in Deutschland darüber, dass ICCO auffallend viele Säuglinge aus Madagaskar nach Deutschland vermittelt habe. "Die Babys waren zum Teil nur wenige Wochen alt. Für eine korrekte Abwicklung nach der Haager Konvention ist die Zeit viel zu knapp", sagt ein Insider.

Das Landeskriminalamt beschäftigt sich außerdem mit dem Finanzgebaren des gemeinnützigen Vereins. "Wir haben den Verdacht, dass mit dem Geld der deutschen Eltern nicht verantwortungsbewusst umgegangen wurde", sagt Rüdiger Bagger, Sprecher der Hamburger Staatsanwaltschaft, auf Presseanfragen knapp.
Wie stern.de aus gut informierten Kreisen erfuhr, geht es dabei unter anderem um Gebühren in Höhe von 100.000 Euro, die ICCO für Elternvorbereitungskurse eingenommen haben soll. Nach ersten Ermittlungen ist das Geld offenbar jedoch nicht - wie vorgeschrieben - auf das Vereinskonto von ICCO, sondern auf das Privatkonto von Eva H. geflossen.

Darüber hinaus will ICCO etwa 500.000 Euro an Hilfsprojekte in der dritten Welt gespendet haben. Für einen erheblichen Teil fehlten jedoch die Quittungen, heißt es.

Eltern fühlen sich betrogen
Schwer wiegen offenbar auch die Vorwürfe, von Eltern, die sich durch ICCO genötigt fühlen. Einer Familie aus Süddeutschland bot ICCO ein Kind aus Vietnam an. Der Junge lebte noch bei seiner Familie, die aber zu arm war, um das Kind zu ernähren. Es ist nicht in jedem Fall illegal, Kinder aus armen Familien zu adoptieren. Nach Ansicht von terre des homme sind solche Adoptionen jedoch moralisch fragwürdig. Die Kinderhilfsorganisation führt deshalb seit 1994 keine Auslandsadoptionen mehr durch, unterstützt die armen Familien stattdessen in ihrem Land.
Eine solche Patenschaft war auch eher im Sinne der Familie aus Süddeutschland. Sie lehnte den "Kindervorschlag" von ICCO deshalb ab. "Wir wollten wirklich nur ein Kind aus einem Waisenhaus adoptieren, dass keine Eltern mehr hat. Alles andere kam für uns nicht infrage." Eva H., so erinnert sich das Paar, habe "unsachlich" reagiert. "Ihr Interesse an einer Adoption kann ja gar nicht so stark sein", soll sie gesagt haben.

Ein anderes Ehepaar machte dagegen zunächst "sehr gute Erfahrungen" mit ICCO, wollte über den Verein ein zweites Kind adoptieren. Zehn Monate dauerte es, bis der "Kindervorschlag" von ICCO kam. Ein kleines Mädchen, drei Monate alt, aus Südafrika. Das Ehepaar sagte sofort zu.

Die Flugtickets waren schon gebucht, erinnert sich die Adoptivmutter, als sie einen seltsamen Anruf von ICCO erhalten habe. Sie solle noch vor dem Flug 1.000 Euro spenden. "Warum? Die Gebühren sind doch bezahlt", widersprach die Adoptivmutter. Statt einer Antwort, soll Eva H. der Mutter gedroht haben: "Nun, ich kann auch in Südafrika anrufen, dann bekommen Sie eben kein Kind mehr."

 © Cira Moro
"Die Gebühren sind doch bezahlt", widersprach Frau W., als ICCO eine Spende forderte

Das Ehepaar beschwerte sich bei der Zentralen Adoptionsstelle in Hamburg. "Wir haben zwei wundervolle Kinder und möchten sie um nichts mehr in der Welt missen", schrieb das Paar. "Wir haben durch sie unendliches Glück erfahren dürfen. Umso trauriger und auch wütender macht es uns, zu sehen, wie sehr man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass manche Menschen hier nur ein ,Geschäft' sehen. Diesen Eindruck haben wir bei ICCO bekommen."

Eva H. streitet alle Vorwürfe ab
Eva H. bestreitet entschieden, auf diese Art Spenden eingetrieben zu haben. Sie habe auch niemals Eltern unter Druck gesetzt. "So etwas würde ich nie tun." Die übrigen Vorwürfe seien ebenfalls völlig aus der Luft gegriffen. "Es gibt keine Liste mit Preisen für Kinder. Das ist Quatsch", sagt Eva H. ICCO habe lediglich Buch geführt über die Extrakosten für ärztliche Untersuchungen und für die Ausstellung von Dokumenten.

Es seien auch keine Kinder über AMREX vermittelt worden, beteuert die ehemalige Geschäftsführerin. "Wir nutzen nur die Logistik der Agentur wie ein anderer freier Träger auch. Das ist nicht verboten." Auch die Adoptionsverfahren für Kinder aus Indien und Madagaskar seien "völlig korrekt abgelaufen". "Das jüngste Kind, das später aus Madagaskar kam, war zwei Monate alt, als wir es vorgeschlagen haben. Es dauerte dann noch weitere sechs Monate, bis es in Deutschland war."
Auch die Buchführung von ICCO sei "absolut in Ordnung", sagt Eva H. weiter. Es sei kein Geld auf ihr privates Konto geflossen. Es fehlte "nicht eine einzige Spendenquittungen". Die 52-jährige "Adoptivmutter aus Leidenschaft" sieht sich als Opfer von "Behördenwillkür". "Ich habe mich mit meinen kritischen Äußerungen wohl zu oft zu weit aus dem Fenster gelehnt."

Erste Zweifel an der Kompetenz von Eva H. äußerte im Februar das Hamburger Verwaltungsgericht. Nach einer Änderung des vietnamesischen Adoptionsrechtes hatte die gemeinsame Zentrale Adoptionsstelle der norddeutschen Länder ICCO aus formalen Gründen die Zulassung für Vermittlungen von Adoptionen aus Vietnam entzogen.

ICCO versuchte, die Entscheidung anzufechten. Ohne Erfolg. Die Richter beschränkten sich nicht nur darauf, festzustellen, dass der Entzug der Zulassung rechtens war. Sie zweifelten auch die Kompetenz der ICCO-Chefin an. Eva H. fehle die "notwenige professionelle Distanz zu ihrer Rolle", schrieben die Richter in ihrem Beschluss. Eva H. und Anwalt Peter H. traten als Vereinsvorsitzende zurück.

Insider munkeln, die Schelte vom Gericht sei nicht der einzige Grund für den Rücktritt von Eva H. gewesen. Kurz vorher war die Adoptivmutter zu einer Geldstrafe von 9.000 Euro wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen verurteilt worden. Sie hatte ihre 14-jährige Adoptivtochter aus Vietnam mit einem Teppichklopfer so heftig geschlagen, dass das Mädchen einen Trommelfellriss im linken Ohr und blaue Flecken an beiden Oberarmen davontrug.

Betroffenen, die weiterhin ein Kind adoptieren wollen, rät die Behörde, sich an eine der anderen anerkannten Auslandsvermittlungsstellen zu wenden. Darüber hinaus können die Adoptiveltern in spe bei der Adoptionsvermittlungsstelle des örtlich zuständigen Jugendamtes beantragen, das Verfahren fortzuführen. Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.gza.hamburg.de. Auskünfte erteilt die GZA unter der Telefonnummer 040-428 63 50.06.

Mitarbeit: Karin Kontny
2006 Jul 5